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Unser Dorf - Gestern und Heute

 

Drei Bäckereien in Issigau – lang ist’s her

 
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Anfang der dreißiger Jahre wird dieses
Bild wohl entstanden sein

Das Haus am Kirchplatz in Issigau heute:
Nichts erinnert mehr an die Bäckerei

 

Ein Gebäude - zwei Bilder. Zwischen den beiden Aufnahmen der ehemaligen Bäckerei am Kirchplatz in Issigau liegen rund 80 Jahre.

 

Das Haus und die damit verbundene Backgerechtigkeit wurde 1798 aus väterlicher Erbschaft übernommen; um 200 Gulden fränkisch, ohne „Dreinschlag“, war das Erbe wert. 38 und vierfünftel Kreuzer waren als Gewerbesteuer für den Backbetrieb damals zu zahlen, so ist es in der Chronik vermerkt.

 

Weiter ist hier zu lesen, dass das Trüpfhaus mit der Bäckergerechtigkeit unter die Gerichtsbarkeit des Patrinonialgericht Reitzenstein gehörte. Beschrieben wird das Anwesen am heutigen Kirchplatz 2 wie folgt: „Trüpfhaus halb Schrot, halb Fachwerk mit Stallung, Backofen, angebauten Schupfen, Hofraith, Schorgärtlein, Grasgärtlein und Scheune“.

 

Davon ist heute nichts mehr zu erkennen. Die letzte große Veränderung am Aussehen des Hauses ging mit der Dachsanierung im Jahr 2001 vonstatten. Dabei verschwanden auch die Erkerfenster.

 

Drei Bäckereien gab es früher in der Gemeinde Issigau, jede mit einem Namen behaftet, den nur Ortsansässige zu deuten wussten. So war die Rede vom „Hinterbeck“, „Klettenbeck“ und dem „Kerrgnbeck“, letztgenannte Bäckerei ist auf den Bildern zu sehen und war bis 1990 als Verkaufsladen noch offen, die Backstube allerdings schon geschlossen.

 

Der Backbetrieb wurde 1985 mit dem Tod des Bäckermeisters Max Fiedler eingestellt. Sohn Erich hatte bereits 1966 in Issigau in der Blankenberger Straße 1 die Bäckerei unter dem bekannten Namen „Klettenbäck“ gekauft und später in „Bäckerei Fiedler“ umbenannt.

 

Vier Bäckergenerationen lebten und arbeiteten in dem Haus. Noch heute wohnt Johanna Fiedler – in Issigau als die Beck’n-Johanne bestens bekannt – mit ihrer Tochter hier. Heinrich und Maria Hüfner, ihre Eltern, führten dann die Bäckerei weiter, bis Johanna mit ihrem Mann Max Fiedler im Jahr 1935 den Familienbetrieb übernahmen. Sohn Erich lernte noch bei seinem Vater den Beruf des Bäckers, machte sich dann aber selbstständig. Nach dessen Tod belieferte er den „Kerrgnbäck“, so dass der Verkauf durch seine Mutter weiter ging.

 

Früher gehörte zu einer Bäckerei auch Landwirtschaft – diese betrieb die Familie bis 1985. Felder, Wiesen, Kühe, zwei Pferde und Säue gehörten dazu. Bedingt durch den Umbau am Haus im Jahr 1963 kamen die Kühe weg, die Pferde allerdings gab es noch bis 1987. Mit den Pferden belieferte der Bäckermeister in früheren Zeiten die Leute.

 

Die Auslieferung der Brote erfolgte bis nach Marxgrün und Hölle, auch Heinrichsdorf ein Ortsteil von Issigau gehörten zur Tour. Erst diente ein sogenannter Jagdwagen, später dann ein „Bruckenwagen“ zur Auslieferung. Im Winter spannte man die Rösser vor einen Rennschlitten.

 

Bis zum Jahr 1964 war im heutigen evangelischen Gemeindehaus, direkt gegenüber der Bäckerei, die Schule untergebracht. So kamen in der Pause die Mädchen und Buben und holten sich meist eine Semmel mit Schokolade, erzählt Johanna Fiedler. Auch gab es neben Brot und Semmeln, diverse Lebensmittel und Nascherei zu kaufen.

 

Während heute meist kleine Laibe Brot von zwei Pfund zum Verkauf kommen, gab es früher überwiegend Fünf-Pfund-Brote, drei bis vier Stück pro Familie und dies drei bis vier Mal in der Woche. „Früher aßen die Leute viel Brot, da gab es noch keine Semmeln“, berichtet Johanna Fiedler.

 

Mit einer „Hitze“, also einem Backvorgang, konnten 65 Laibe Brot bebacken werden. Das Mehl zum Backen gab es früher direkt aus Mühlen; vier Stück an der Zahl standen allein um Issigau: die „Barthelsmühle“ bei Eisenbühl, die „Kannesmühle“ direkt in Issigau, die „Modelsmühle“ in Marxgrün und die Mühle Künzel beim heutigen Sägewerk. Die Bauern lieferten hier ihr Getreide ab und ließen Mehl daraus mahlen und brachten das Mehl dann zum Bäcker. Aus 30 Pfund Mehl konnten 15 Laibe Brot gebacken werden, eines hatte dabei fünf Pfund. Aus einem Zentner Getreide bekam der Bauer 60 Pfund Mehl. Zahlen aus dem Jahr 1935, die die rüstige Johanna Fiedler mit ihren 97 Jahren noch genau weiß.

 

In so genannten Leinenmehlsäcken wurde das Brot früher gelagert, eingefroren wurden Speisen damals noch nicht. Erst wenn alles aufgebraucht war, gab es neues Brot. War das Brot schon hart, wurde es kurzerhand zu Brotsuppe verarbeitet. Bei Erich Fiedler in der Bäckerei in der Blankenberger Straße wurde auch das Lohnstollenbacken angeboten. Die Leute brachten ihren fertigen Teig und der Bäckermeister war dann für das Gelingen der weihnachtlichen Leckereien in Form von Stollen zuständig.

 

Erich Fiedler schloss seine Bäckerei im August 2006 aus gesundheitlichen Gründen.