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Rückblick - ältere Zeitungsberichte - 20.06.1984

Ein kleiner Turnverein macht von sich reden
TV Issigau - Talentschmiede und Platz für Breitensportler
 

Das Kunstturnen zählt nicht unbedingt zu den Sportarten, die Zuschauer in Scharen anziehen. Nur wenn die nationale oder internationale Spitzenklasse antritt, sind die Hallen voll. Auf regionaler Ebene sieht es da leider meist ganz anders aus. Um so erfreulicher ist, daß sich auch kleinere Vereine für diesen schönen Sport einsetzen und ihn nach Kräften fördern.

 

Einer der rührigsten im Turngau Fichtelgebirge/Nordoberfranken ist dabei zweifellos der 160 Mitglieder zählende TV Issigau, mit dem der Name Richter eng verbunden ist. Der heute 83 Jahre alte Max Richter zahlte nach dem Krieg zu den Männern, die dem Verein wieder auf die Beine halfen. Selbst als 73jähriger nahm er später noch an Wettkämpfen teil und verblüffte mit seinem Können Kampfrichter und Beobachter.

 

Die Familien-Tradition setzen Sohn Karlheinz (50) und Enkel Frank (21) fort. In Karlheinz Richter hat der TV Issigau einen Übungsleiter, der praktisch seine gesamte Freizeit opfert und sich voll in den Dienst der Sache stellt - ohne jegliches Honorar. Dreimal pro Woche leitet er das Training, an den Wochenenden fährt er mit seinen Schützlingen oft noch zu Lehrgängen oder Wettkämpfen. Dennoch wird es dem Finanzbeamten, der als früherer Leichtathlet mit 38 Jahren noch die Übungsleiter-Lizenz für das Kunstturnen erwarb, nicht zuviel. Er ist mit Freude dabei und läßt sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen.

 

Ärgerlich wird er immer nur dann, wenn wieder einmal ein Mitglied seiner Talentschmiede abgesprungen ist: „Besonders schwierig ist es, die Buben bei der Stange zu halten, die sich häufig mit zunehmendem Alter anderen Sportarten zuwenden. Das Turnen erfordert einen enormen Trainingsaufwand. Wer etwas erreichen will, muß sich voll ins Zeug legen. Wenn da nicht auch die Eltern mitziehen, stehe ich auf verlorenem Posten."

 

Übungsleiter Karlheinz Richter korrigiert die Haltung von Torsten Gotsch beim Handstand auf dem Barren

 

Daß die intensiven Bemühungen des Übungsleiters nicht vergebens sind, beweist ein Blick in die Erfolgsbilanz der Issigauer Turner. Helmut Frank, der seit 14 Jahren als erster Vorsitzender die Geschicke des Vereins leitet, hebt vor allem die Gaumeistertitel hervor, die die Schüler bei den Mannschafts-Wettkämpfen 1982 und 1983 errangen. Auch die Schülerinnen und Jugend-Turnerinnen waren 1982 auf Platz eins zu finden.

 

Helmut Frank ist seit 14 Jahren Vorsitzender des TV Issigau

 

Das Aushängeschild des TV Issigau ist der 21jährige Frank Richter, der seit einem Jahr für die Landesliga-Mannschaft der TS Lichtenfels turnt, dem einzigen Verein, der nach dem Abstieg des ATSV Kronach aus der Regionalliga auf überregionaler Ebene antritt. Beim bayerischen Landesturnfest in Coburg konnte sich der Dritte der oberfränkischen Meisterschaften im Kür-Sechskampf unter 351 Teilnehmern auf Rang neun plazieren - ein Ergebnis, das für sich spricht. Seine Schwester Annett kam unter 151 Starterinnen immerhin noch auf Rang 20.

 

Frank Richter beim Schwebestütz an den Ringen

 

Große Hoffnungen setzt Karlheinz Richter auch in den zehnjährigen Torsten Gotsch, der bei den oberfränkischen Titelkämpfen im Gerätesechskampf der Schüler nicht zu schlagen war. „Wenn Torsten weiter so bei der Sache ist, hat er das Zeug zum oberfränkischen Meister," ist der Übungsleiter überzeugt.

 

Aus dem Lager der Mädchen hat Ellen Köcher schon den Sprung in das Landesleistungszentrum nach Hof geschafft. Als Sechsjährige trat sie 1979 dem TV Issigau bei. Nur zwei Jahre später belegte sie bei ihrem ersten Wettkampf anläßlich des Gaukinderturnfestes in Wunsiedel unter 70 Teilnehmerinnen den dritten Platz, Bald wurde auch Landestrainer Josef Trmal auf das Talent aus Issigau aufmerksam. „Wir vereinbarten einen Test in Hof," erinnert sich Richter. „Trmal war von Ellens Leistungen dabei sehr angetan und wollte sie gleich behalten. Ich habe daraufhin mit ihren Eltern gesprochen und die waren einverstanden "

 

Ellen Köcher wurde in den bayerischen Auswahlkader berufen

 

Seit einem Jahr fahren sie nun ihre Tochter wöchentlich fünf- bis sechsmal zum Training nach Hof. Die Mühe wurde belohnt: Bei den oberfränkischen Meisterschaften kam Ellen heuer auf den vierten Platz in der Leistungsklasse M4. Bei den „Bayerischen" in Straubing belegte sie Platz elf. Eine weitere Bestätigung ihrer Spitzenklasse: In diesen Tagen ging ein Schreiben des Bayerischen Turnverbandes ein, in dem ihre Aufnahme in den Landeskader der Leistungsklasse M4 bestätigt wird.

 

Maßgeblichen Aufschwung im turnerischen Bereich beim TV Issigau trug die neue Halle bei. „Dafür müssen wir uns bei allen bedanken, die sich für den Bau eingesetzt haben." erklären Vorsitzender Helmut Frank und Karlheinz Richter übereinstimmend. „Wenn ich nur daran denke, was wir für unzulängliche Bedingungen in der alten Schulturnhalle vorfanden. Als mein Sohn Frank die Riesenfelge am Reck trainierte, schlug er mit den Füßen an der Decke an. Dort sind heute noch die Spuren zu sehen. Sobald wir das Reck tiefer stellten, war der Fußboden im Weg," denkt der Übungsleiter mit Unbehagen zurück. „Heute haben wir in der modernen Mehrzweckhalle eine optimale Ausstattung. Zu den Übungsstunden bringen auch Eltern aus den Nachbargemein den, ja sogar aus Naila ihre Kinder zum Training."

 

Auch die Freunde der Leichtathletik kommen beim TV Issigau nicht zu kurz. Unter der Leitung von Fachwart Dieter Richter-Tosch können sie auf dem vereinseigenen Sportplatz ihre Aktivitäten entfalten. Daß auf ihrer Anlage auch Mitglieder anderer Vereine das Sportabzeichen ablegen, freut die Verantwortlichen des Turnvereins besonders.

 

Die Palette der sportlichen Angebote reicht aber weit über Turnen und Leichtathletik hinaus. So stolz man im TV Issigau auch auf seine Könner ist - Breitensport wird großgeschrieben. „Da ist für jeden etwas dabei", sagt Vorsitzender Frank und zählt die vielen Möglichkeiten von Gymnastik über Mutter-und-Kind-Turnen bis hin zu Volleyball auf. „Ohne den unermüdlichen Einsatz unserer vielen ehrenamtlichen Helfer wäre die Belebung des Vereinsgeschehens in den letzten Jahren nicht möglich gewesen," stattet der Vorsitzende allen Mitarbeitern seinen Dank ab.